DFV-Branchenumfrage 2022: Übermäßige Regulierungen und Eingriffe in die unternehmerische Freiheit belasten Online-Vermittler und -Agenturen
Berlin, 14.07.2022. Corona hat im Ferienhaussegment Spuren hinterlassen. Eine Rückschau auf das Buchungsjahr 2021 liefert ambivalente Ergebnisse: Nach einem katastrophalen ersten Halbjahr mit Beherbergungsverboten bis in den Juni hinein folgte ein fulminanter Sommer mit Rekordbuchungen. Dennoch bleibt die Branche von den Folgen der Corona-Pandemie nicht verschont. Laut aktueller Branchenumfrage des Deutschen Ferienhausverbands ist der Personalmangel auch im Ferienhaussegment ein brennendes Thema.
„Fehlende Arbeitskräfte in den Urlaubsregionen sind für die Ferienhausbranche ein riesiges Problem“, sagt Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbands. „Wenn der Ferienhausrasen nicht regelmäßig gemäht wird und Reparaturen nicht mehr erledigt werden, weil Personal fehlt, sorgt das für Unzufriedenheit bei den Gästen. Aber auch im Kundenservice, Marketing und IT-Bereich fehlt es an qualifiziertem Personal. Urlaubsregionen verlieren an Attraktivität, wenn Restaurants und Freizeiteinrichtungen aufgrund von Personalmangel tageweise schließen müssen. Hier bedarf es besserer Arbeitsbedingungen, aber auch Lösungen vonseiten der Politik.“ Seit Jahren beobachtet die Branche, dass es immer weniger Nachwuchskräfte gibt und sich immer mehr Touristiker mangels Perspektive umorientieren. „Die Pandemie hat die Situation nochmal verschärft“, erklärt Schwefel. „Jetzt ist schnelles Handeln gefragt.“
Eine Chance sieht der Verband unter anderem in der Integration von ausländischen Arbeitskräften. Um die Voraussetzungen zu schaffen, müssen das Einwanderungsrecht modernisiert und bürokratische Hürden abgebaut werden. „Zudem muss mehr in die Aus- und Weiterbildung von Berufseinsteigern investiert und die Tourismusbranche als attraktiver Arbeitgeber positioniert werden“, sagt Schwefel. Mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt ist außerdem wichtig. „Mit der ab Oktober geltenden, lange überfälligen Anhebung und Flexibilisierung der Verdienstgrenze für Minijobber ist ein erster Schritt getan, auch wenn wir uns eine deutlichere Anhebung gewünscht hätten. Außerdem sollte der Beschäftigungszeitraum für kurzfristig Beschäftige in Ausnahmefällen wie z. B. für Rentner erhöht werden. Auf diese Weise könnte die Branche weiteres dringend benötigtes Potenzial erschließen.“
Neben Arbeitskräftegewinnung und -sicherung ist der Datenschutz auch vier Jahre nach Inkrafttreten der DSGVO Dauerthema bei den Anbietern. „Der Tourismusmarkt in Deutschland ist von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt, die von gesetzlichen Regelungen und Bürokratisierung überproportional getroffen sind“, erklärt Schwefel. „Es fehlt häufig an Mitteln und Ressourcen, die Vielzahl an behördlichen Auflagen im Blick zu behalten und die entsprechenden Maßnahmen adäquat umzusetzen. Unser Anliegen ist es, dass bei jeglichen Gesetzesvorhaben die Voraussetzungen von kleinen und mittelständischen Betrieben einbezogen werden. Es muss endlich mit der Entbürokratisierung Ernst gemacht werden, um die Unternehmen zu entlasten.“
Stattdessen drohen neue, aufwendige Berichtspflichten, beispielsweise auf Initiative der EU: Um die länderübergreifende Zusammenarbeit der Steuerbehörden zu fördern, sollen ab 2024 im Rahmen der DAC7-Richtline neue Mitteilungspflichten für digitale Plattformen und Online-Vermittler von Ferienwohnungen eingeführt werden. Völlig unklar ist bisher, welche Daten zukünftig erhoben werden müssen und wer berichtspflichtig ist: der Vermieter bzw. die Agentur vor Ort oder die großen Vermietungsportale. Ohne diese Klarstellung drohen
Doppel- und Dreifachauskünfte. „Auch hier darf die Einhaltung der Regelungen nicht mit unverhältnismäßigen Verpflichtungen und Sanktionen für die Vermittler einhergehen“, warnt Schwefel. „Datensparsamkeit und Machbarkeit müssen oberstes Gebot sein.“
Neben der Vielzahl an Regulierungen haben die Ferienhausanbieter den Flickenteppich an Corona-Verordnungen als sehr belastend empfunden. „Jedes Bundesland hat während der Pandemie sein eigenes Süppchen gekocht. Das hat zu einem riesigen Beratungsbedarf und großer Unsicherheit bei Anbietern und Gästen geführt und viele Ressourcen gebunden“, erklärt Schwefel. „Hinzu kommt, dass unterschiedliche Regelungen oft nur schwer vermittelbar sind. Für den Herbst ist es dringend erforderlich, dass sich Bund und Länder frühzeitig auf einen harmonisierten Maßnahmenkatalog verständigen. Und es muss eine ehrliche Risikobewertung geben. Wir vertreten nach wie vor den Standpunkt, dass es keinen sachlichen Grund gegeben hat, Ferienwohnungen und -häuser im vergangenen Winter und Frühjahr mit einem Beherbergungsverbot zu belegen.“
Durch die zunehmenden Verpflichtungen und Regulierungen fühlen sich die Anbieter in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeschränkt. „Jede Form der Regulierung stellt immer auch einen Eingriff in das verfassungsmäßig geschützte Grundrecht auf Eigentum und freie Berufsausübung dar. Mit der Vermietung von Ferienwohnungen haben sich viele Anbieter eine Existenzgrundlage geschaffen, die es zu schützen gilt. Diese sind häufig im strukturschwachen, ländlichen Raum angesiedelt und stellen dort einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar, der sich nicht allein auf die Urlaubsbranche beschränkt.“
Von der viel diskutierten schwindenden Tourismusakzeptanz in den Regionen scheinen die Ferienhausanbieter dagegen weniger betroffen zu sein. „Nichtsdestotrotz werden wir die Entwicklung intensiv beobachten, denn es gilt zu vermeiden, dass die Situation in Hot Spots kippt“, sagt Schwefel. „Besucherlenkung ist hier ein sinnvolles Instrument, um Konflikte bereits im Vorfeld abzuwenden.“