Bundestag beschließt Bundesnotbremse im Infektionsschutzgesetz – Beherbergungsverbot ist unverhältnismäßig
Berlin, 21.04.2021. Das Infektionsschutzgesetz ist beschlossene Sache und bleibt, wie befürchtet, dem Tourismus jede Perspektive schuldig. Dem Deutschen Ferienhausverband fehlt jegliches Verständnis für die Ignoranz vonseiten der Politik.
„Die Bekämpfung der Pandemie muss oberste Priorität bei politischen Entscheidungen haben. Einschränkungen müssen aber auch verhältnismäßig und wirkungsvoll sein. Und daran regen sich starke Zweifel“, sagt Michelle Schwefel, Geschäftsführerin beim Deutschen Ferienhausverband e. V. „Während Großraumbüros und Produktionsstraßen geöffnet bleiben können und man selbst mit höherem Risiko behafteten Bereichen einräumt, mit einer Teststrategie zu öffnen, sollen Ferienwohnungen und Ferienhäuser auch weiter kategorisch geschlossen bleiben – obwohl der Urlaub in einem Ferienhaus oder einer Ferienwohnung kontaktarm ist und die Urlauber in der Regel sogar weniger soziale Kontakte haben als zuhause. Warum man dennoch Ferienwohnungen und -häuser schließt, dafür bleibt die Politik jede Erklärung schuldig.“
Während Reiseziele im Ausland unter gewissen Voraussetzungen angesteuert werden dürfen und für den Sommer mit EU-Impfpass und Teststrategien eine weitreichendere Öffnung vorbereitet wird, scheint es für Deutschland auch nach einem Jahr der Pandemie nur eine Lösung zu geben: die undifferenzierte Schließung der heimischen Ferienunterkünfte. Und das, obwohl Studienergebnisse des Robert-Koch-Instituts eine ganz andere Sprache sprechen: Demnach wurde das Infektionsrisiko in Beherbergungssegment als niedrig eingestuft. „Wir wissen nicht, woher diese Skepsis kommt und warum alle wissenschaftlichen Erkenntnisse konsequent ignoriert werden. Wir wissen aber, dass wir bereits im letzten Sommer bewiesen haben, dass Hygienekonzepte und Schutzmaßnahmen tragfähig sind und sich Urlaubsgäste verantwortungsvoll verhalten. Man hat uns bereits Anfang des Jahres eine Perspektive versprochen. Bisher gibt es nichts als pauschale Verbote“, sagt Schwefel. „Es ist aus unserer Sicht daher fraglich, ob das kategorische Verbot verfassungsrechtlich verhältnismäßig ist.“
Dabei kritisiert der Verband auf Schärfste, dass keinerlei Differenzierung vorgenommen wird. „Wir sehen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Grundgesetz verletzt, wenn Ferienwohnungen gemeinsam mit nicht-autarken Unterkunftsformen in der Öffnungsdebatte hintangestellt werden. Wir fordern eine sachliche Bewertung nach objektiven Kriterien, wie dies bereits in anderen Bereichen gemacht wird. Wie sich der Einzelhandel in verschiedene Branchen untergliedert, können auch Beherbergungsformen nach objektiven Gesichtspunkten unterschieden werden. Es spricht demnach nichts gegen eine frühzeitigere Öffnung von Ferienwohnungen.“
Der Deutsche Ferienhausverband fordert eine bundesweite Strategie für den Tourismus. Dabei zielt seine Kritik auch darauf ab, dass das Verbot touristischer Übernachtungen derzeit länderübergreifend selbst bei niedrigeren Inzidenzen weiter gilt. „Wir befinden uns im sechsten Monat des totalen Lockdowns in unserer Branche. Mitte Juni beginnen in einigen Bundesländern die Sommerferien und wir haben immer noch keine Öffnungsszenarien bei niedrigeren Inzidenzen. Wenn uns also heute ein Urlauber fragt, ob er im Juli nach Borkum oder an den Bodensee reisen kann, können wir darauf keine Antwort geben. Es ist zu befürchten, dass sich viele Urlaubsgäste ins Ausland orientieren werden, wenn es hier nicht endlich ein Stück Planungssicherheit gibt. Wir beobachten jetzt schon eine zunehmende Buchungszurückhaltung“, ergänzt Schwefel. „Es ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, wieso die Politik dem Tourismus in Deutschland anhaltend die Perspektive verweigert.“
Dabei finden 150 Millionen Übernachtungen pro Jahr auf dem privaten und gewerblichen Ferienhausmarkt statt. Ein riesiger Wirtschaftsfaktor für Urlaubsregionen und ländliche Gebiete, an denen tausende Arbeitsplätze hängen – nicht nur im Tourismus. Ferienhausurlaub findet häufig in strukturschwachen Regionen statt. Wenn die Urlauber nicht kommen dürfen, wird das massive Folgen nach sich ziehen.
„Es ist bekannt, dass das Infektionsrisiko in erster Linie davon abhängt, wie sich Personen verhalten. Der Deutsche Ferienhausverband hat vielfach erklärt, wie Ferienhausurlaub funktioniert. Private vier Urlaubswände machen es leicht, sich an die AHA-Regeln zu halten und sich selbst zu versorgen. Eine fremde Umgebung macht es leicht, auf Kontakte zu verzichten. Teststrategien sorgen für weitere Sicherheit. Die Menschen wollen sich in der Natur erholen, Qualitätszeit mit ihrer Familie und ihrem Partner genießen und sich von den Strapazen der Pandemie erholen. Bald wird das vielleicht gar nicht mehr möglich sein: Das Massensterben der Betriebe hat bereits begonnen.“